P. K l üfers, O. Labisch
Abbildung 1 Struktur der Ci-symmetrischen (PhB)2(ErytHϪ4
-
O1,3,O2,4)-Moleküle in Kristallen von 1a. Abstände/A und Winkel/°
(Standardabweichung der letzten Dezimalstelle) [Werte der B3LYP/
6-31ϩG(d,p)-Rechnung]:
˚
B-O1 1.363(4) [1.374], B-O2 1.377(4) [1.380], B-C3 1.563(4) [1.560],
O1-C1 1.445(3) [1.430], O2-C2 1.447(4) [1.420], C1-C2i 1.520(4)
[1.520], C2-C2i 1.482(6) [1.520]; B-O1-C1 120.4(2) [122.1], B-O2-
C2 119.6(2) [119.0], O1-B-O2 122.3(3) [121.8]; Symmetrieschlüssel:
Abbildung 2 Struktur der C2-symmetrischen (PhB)2(L-ThreHϪ4
-
O1,3,O2,4)-Moleküle in Kristallen von 2a. Die C2-Achse verläuft un-
˚
gefähr senkrecht. Abstände/A und Winkel/° (Standardabweichung
i
1 Ϫ x, 1 Ϫ y, 1 Ϫ z.
der letzten Dezimalstelle) [Werte der B3LYP/6-31ϩG(d,p)-Rech-
nung]:
farbloser Niederschlag, der aus Dichlormethan umkristalli-
siert werden kann. Es wird stets ein Gemisch aus besser
ausgebildeten Kristallen erhalten und solchen, die weder
von der äußeren Gestalt noch vom Beugungsbild her für die
Strukturanalyse geeignet sind. An den besser ausgebildeten
Kristallen gelingt die Strukturbestimmung, auch wenn die
Qualität der erhaltenen Beugungsdaten nicht hoch ist. Es
ergibt sich die Formel (PhB)2(ErytHϪ4-O1,3,O2,4) (1a). Die-
selbe Verbindung wird auch erhalten, wenn das Eduktge-
misch in siedendem Toluol unter azeotroper Wasserentfer-
nung umgesetzt wird. Abbildung 1 zeigt den Aufbau der
flachen, zentrosymmetrischen Moleküle. Es liegt aus-
schließlich der 1,3-Diolat-Bindungsmodus vor, bei dem die
Boratome in Chelatsechsringe mit Halbsesselkonformation
eingebaut sind. Die Strukturparameter Ϫ vor allem die
Planarität des PhBO2-Molekülteils und die Bindungswinkel
an den Sauerstoffatomen Ϫ sind im Einklang mit der Vor-
stellung von π-Wechselwirkungen zwischen dem Phenylrest,
dem Boratom, und ebenfalls sp2-hybridisierten O-Atomen.
Auf die gleiche Weise wird mit L-Threit (PhB)2(L-
ThreHϪ4-O1,3,O2,4) (2a) erhalten. Die Löslichkeit von 2a ist
in zahlreichen Lösungsmitteln sehr gering; hinreichend ist
sie in Dichlormethan, aus dem auch die Kristallisation ge-
lang. Die Proben bestehen aus nur einer Kristallsorte. Die
Qualität der Kristalle für die Röntgenuntersuchung ist er-
heblich besser als bei 1a. Abbildung 2 zeigt den Aufbau
der C2-symmetrischen Moleküle. Auch hier bildet sich die
Chelatsechsring-Variante mit 1,3-Diolato-Liganden aus.
Der Aufbau der V-förmigen Moleküle entspricht dem des
Bis(brommethyl)-Derivats [2].
B-O1i 1.365(2) [1.371], B-O2 1.362(3) [1.371], B-C3 1.558(2) [1.560],
O1-C1 1.440(2) [1.420], O2-C2 1.438(2) [1.420], C1-C2 1.506(3)
[1.520], C2-C2i 1.510(4) [1.530]; Bi-O1-C1 119.15(16) [121.0], B-O2-
C2 121.00(15) [121.5], O1i-B-O2 123.36(18) [121.7]; O1-C1-C2-O2
i
67.92(18) [73.5]; Symmetrieschlüssel: 1 Ϫ x, y, Ϫz.
kleinen Bor-Zentralatom stabiler sind als die bei anderen
Zentralatomen üblichen Chelatfünfringe mit 1,2-Diolato-
Liganden. Um diese Vermutung zu überprüfen, wurden
Energien sowohl der 1,3- als auch der 1,2-Isomeren berech-
net. Hierzu wurde zuerst für die gefundenen Sechsringche-
late 1a und 2a auf B3LYP/6-31ϩG(d,p)-Niveau geome-
trieoptimiert, wobei sich bei den metrischen Strukturpara-
metern gute Übereinstimmung zwischen dem Beugungsex-
periment und der Modellierung ergibt (Abbildungen 1 und
2).
Anschließend
wurden
die
Fünfringchelate
(PhB)2(ErytHϪ4-O1,2,O3,4
)
(1b) und (PhB)2(L-ThreHϪ4
-
O1,2,O3,4) (2b) unter der Annahme von Ci-Symmetrie für
1b und C2-Symmetrie für 2b modelliert (Abbildung 3). Die
erhaltenen Energiewerte sind in Tabelle 1 zusammengestellt.
Neben den B3LYP/6-31ϩG(d,p)-Werten sind gut überein-
stimmende Ergebnisse von single-point-Rechnungen auf
PBE1PBE/6-311ϩG(2d,p)-Niveau angegeben. Es zeigt sich,
dass es entgegen der Erwartung keinen größeren Energieun-
terschied zwischen den jeweiligen Isomeren gibt. Vor allem
für Erythrit liegen die erhaltenen Energiewerte nahe beiein-
ander. Die bevorzugte Kristallisation der Sechsringchelate
scheint demnach eher mit einer geringeren Löslichkeit die-
ser starreren Moleküle zu tun zu haben als mit einer Bevor-
zugung im Lösungsgleichgewicht. Als Hilfe bei der dem-
nach sinnvollen Suche nach Fünfringchelat-Lösungsspezies
wurden die 11B- und 13C-NMR-Verschiebungen aller Iso-
mere auf PBE1PBE/6-311ϩG(2d,p)-Niveau berechnet (Ta-
belle 2).
Die Packung der Moleküle von 1a im Kristall ist im Ver-
gleich mit 2a keineswegs besonders dicht, wie dies ange-
sichts der flachen Molekülform vermutet werden könnte
(ρ1a ϭ 1.291, ρ2a ϭ 1.321 g cmϪ1; man vergleiche auch die
Schmelzpunkte: 1a: 211, 2a: 257 °C). In beiden Kristallen
besteht der hauptsächliche intermolekulare Kontakt in der
üblichen nahezu orthogonalen Wechselwirkung von Phenyl-
gruppen, die bei 1a zu einem Fischgrätmuster führt.
Lösungsspezies
11B- und 13C-NMR-Lösungsspektren (CDCl3) der Erythrit-
boronate zeigen zwei Signalsätze, die sich den Isomeren 1a
und 1b zuordnen lassen (Tabelle 2). Das Mengenverhältnis
ist ca. 5:1 zugunsten des Fünfringchelats 1b. Die 13C-Si-
DFT-Rechnungen
Das Ergebnis der Strukturanalysen legt die Vermutung
nahe, dass die gefundenen Chelatsechsringformen bei dem
1442
2003 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 69451 Weinheim
zaac.wiley-vch.de
Z. Anorg. Allg. Chem. 2003, 629, 1441Ϫ1445