Neuraminsäure in Pflanzen?
Die 2-Keto-3-desoxyaldonsäuren in Pflanzen und die Synthese der
3-Desoxy-D-glycero-ß-D-galakto-nonulosonsäure
W . G ie l e n
Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Abteilung Tumorforschung und experimentelle Pathologie,
Köln-Lindenthal (Direktor: Prof. Dr. W. T ö n n is) und Pharmakologisches Institut
der Universität Köln (Direktor: Prof. Dr. H. F. Z ip f)
(Z. Naturforschg. 23 b, 1598— 1601 [1968] ; eingegangen am 15. Juni 1968)
Die ausschließliche Charakterisierung von Neuraminsäure mittels der Perjodat-Thiobarbitur-
säure-Reaktion ist nicht ausreichend. Diese Reaktion erfaßt alle Verbindungen vom Typ der 2-Keto-
3-desoxyaldonsäuren. Die aus Sojabohnen und Bananen isolierten Substanzen gehören zur Gruppe
dieser stickstofffreien 2-Keto-3-desoxyaldonsäuren. Sie zeigen eine positive Perjodat-Thiobarbitur-
säure-Reaktion, reagieren aber nicht mit B i a 1s Reagenz.
Die Neuraminsäure ist eine weitverbreitete, ter-
minale Strukturkomponente in Glykoproteiden, Gly-
kolipoiden und Oligosacchariden des tierischen Or-
ganismus. Sie wird als Bestandteil von Polysaccha-
riden auch in Mikroorganismen angetroffen1. Der
Verbindung kommt die Struktur einer 5-Amino-3.5-
didesoxy-nonulosonsäure zu, die in V-Substitution
eine Acetyl- oder eine Glykolylgruppe trägt. Sie ist
ein Kondensationsprodukt des /V-Acylmannosamins
und der Brenztraubensäure. Aus diesen Bausteinen
wird sie biosynthetisiert2, aus diesen Bausteinen
kann sie in vitro kondensiert werden 3.
eindeutiger zu klassifizieren, haben wir Sojabohnen-
und Bananenhydrolysate untersucht. Die Sojabohne
enthält nach Angabe obengenannter Autoren4 40
mg-%, die Banane nur 8,04 mg-% Neuraminsäure 5.
Bei der Aufarbeitung des Untersuchungsmaterials
modifizierten wir die angegebene Methodik 4 in fol-
gender Weise:
300 g Sojabohnen wurden mit 70-proz. Äthanol,
das 0,3% Quecksilber-II-chlorid enthielt, gründlich
gewaschen, 12 Stdn. bei Raumtemperatur in Was-
ser aufbewahrt und anschließend in 3 l Aceton
homogenisiert. Den lufttrockenen Rüdestand extra-
hierten wir zweimal mit je 800 ml Benzol in der
Siedehitze. Der fettfreie Rüdestand wurde an der
Luft getrocknet, anschließend in 800 ml 0,1-n.
H2S04 suspendiert und unter Rühren eine Stde. lang
bei 80 C hydrolysiert. Wir neutralisierten die Sus-
pension mit gesättigter Ba(OH) 2-Lösung und dialy-
sierten sie gegen dest. Wasser bei 4 °C. Die Außen-
flüssigkeit wurde gesammelt und im Vakuum-Rota-
tionsverdampfer auf ein kleines Volumen einge-
dampft. Die konzentrierte Lösung fraktionierten wir
an einer Anionen-Austauschersäule Lewatit MIH
(Formiatform). Das H20-Eluat war frei von Sub-
stanzen mit positiver Perjodat-Thiobarbitursäure-
Reaktion. Mit 0,5-n. HCOOH wurde die Haupt-
Uber das Vorkommen der Neuraminsäure in
pflanzlichem Material ist mehrmals berichtet wor-
den. Mayer, DaM und Pazur 4 fanden die V-Glyko-
lylneuraminsäure in den Extrakten bzw. Hydrolysa-
ten der Sojabohne (Glycine max) und des alfalfa
(Medicago sativa). OnODera, HiranO und HayasHi 5
konnten die Neuraminsäure in zahlreichen Pflanzen-
extrakten nachweisen. Der Gehalt an Neuraminsäure
variierte von wenigen mg-% bis maximal 66 mg-
Prozent. Zur Charakterisierung der Neuraminsäure
diente den Autoren vornehmlich die Perjodat-Thio-
barbitursäure-Reaktion nach W arren 6, nicht näher
bezeichnete Proben wurden zusätzlich mit p-Dime-
thylaminobenzaldehyd ( E h r l i c h Reagenz) und
Orcin bzw. Resorcin (B i a 1s Reagenz) geprüft.
Um die aus Pflanzen stammenden und mit Per-
jodat-Thiobarbitursäure reagierenden Verbindungen
menge
der
Perjodat-Thiobarbitursäure-positiven
Verbindung desorbiert. Mit 1-n. HCOOH und 2-n.
HCOOH wurde die Elution vervollständigt.
4 F. C. M a y e r , R. Dam u. J. H . P a zu r, Arch, biochem. Bio-
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3 J. W . C o rn fo rth , M. E. F irth u. A. G o ttsch alk , Biochem.
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